Worum geht es mir?

Der Reichtum unseres Lebens und die Armut des Geldes

Unser Wertesystem wird in den letzten Jahren massiv verändert, ohne dass darüber eine transparente Diskussion geführt wird: das Geld wird wichtiger als der Einzelne. Dabei gibt es ein krasses Nord-Südgefälle, aber auch die Menschen im relativ wohlhabenden Norden sind alles andere als sicher. Hier sind die ersten drei Kapitel:

1. Warum?

Ich bin Arzt, Psychiater und Psychotherapeut, und habe meine schriftstellerischen Erfahrungen mit wissenschaftlichen Texten, aber auch populärwissenschaftlichen Büchern über seelische Krankheiten und über Beziehungsprobleme gemacht.

Warum schreibe ich jetzt einen Text, in dem es um die Einzigartigkeit individueller Menschen und die Bedrohung dieser Einzigartigkeit durch das Geld geht?

Bei meiner beruflichen Tätigkeit ist mir aufgefallen, dass die Qualität der beim individuellen Menschen ankommenden Medizin immer schlechter wird, ganz im Gegensatz zu dem, was der medizinische Fortschritt verspricht. Auch in anderen Bereichen nimmt die Lebensqualität der Individuen immer weiter ab ab, ohne dass Politik und öffentliche Meinung das besonders registrieren: Wohnen, Reisen, Bildung.

Dagegen unterstützt unser Staat alles, was mit Geldgeschäften zusammenhängt, mit enormer Wertschätzung.

Politiker nahezu aller Parteien hofieren diejenigen, die großes Geld bewegen. Wohin auch immer. Und das, obwohl es ziemlich offensichtlich die Gier einer kleinen Gruppe nach Geld ist, die den oben geschilderten Qualitätsverlust verursacht.

Wird es noch möglich sein, etwas gegen diesen Wertverlust zu tun?

Ich bin überzeugt dass es völlig unsinnig ist, über Qualität in zentralen menschlichen Lebensbereichen – wie zum Beispiel der Medizin – zu sprechen, so lange wir uns nicht Klarheit verschaffen, welchen Stellenwert die Lebensqualität der Einzelnen gegenüber den finanziellen Interessen einiger weniger einnimmt. Dieser Frage können wir nicht mehr ausweichen. Dazu will ich einen Beitrag leisten.

2. Es ist doch eigentlich alles ganz offensichtlich.

Wenn Sie heute die Zeitung aufschlagen, irgendwelche Internet-News anklicken oder sehr altmodisch Nachrichten hören, ist eigentlich alles klar: Es geht ums Geld.

Das jetzt schon sehr wenigen gehört und zukünftig immer weniger Menschen gehören wird. Dem opfern wir wohlhabenden Deutschen die Qualität unseres Lebens, angefangen beim Essen, über das Wohnen, die Qualität unserer Arbeit, den hohen Standard unseres Gesundheitswesens, unser Auskommen im Alter, die Luft und die Liebe.

Etwas weiter südlich gehen ganze Länder kaputt, – in die wir doch so gerne gereist sind, die wir mit der Seele gesucht haben, mehr noch – aus denen unsere Kultur kommt: Griechenland ist dem Geld schon geopfert worden, jetzt ist Italien dran. Sie können auch sagen: unsere Kultur geht kaputt und mit ihr unsere Seele.

Und wenn Sie als Mensch das Pech haben sollten, noch weiter südlich zu leben, wird Ihnen Ihre Freiheit und sehr schnell auch Ihr Leben genommen, ganz selbstverständlich. Das heißt, sie können schon durchkommen, wenn Sie besonders stark und widerstandfähig sind. Wenn Sie weniger widerstandsfähig sind, ertrinken Sie, oder kommen auf irgendeine andere Weise um.

Sie meinen: Das sei doch etwas anderes, das Leben der Afrikaner und unsere Lebensqualität? Ist es nicht. Wir sitzen im gleichen Boot, das untergeht, weil es uns, und den von uns gewählten Politikern nur um eines geht: um das Geld der wenigen.

Klar, – den Afrikanern geht es viel schlechter da stirbt alle fünf Sekunden ein Kind unter 10 Jahren, – können Sie in der UN-Statistik googeln! – aber auch hier sind wir kräftig dabei, unsere medizinische Versorgung, die Arbeitszufriedenheit der Ärzte für das Wohl der großen Krankenhauskonzerne und ihr Geld hinzugeben. Wenn Sie in Hamburg leben, merken Sie das schon, Ihnen ist nur noch nicht klar, woran das liegt. Was glauben Sie denn, woher kommt der Mangel an Pflegepersonal und Ärzten?

Offensichtlich ist, dass die von uns gewählten Politiker unser Geld nicht im Sinn der Menschen ausgeben. Das Großspektakel der GS20 in Hamburg soll nach ersten Schätzungen 870 Millionen Euro gekostet haben. Vermutlich reicht das nicht. Dreimal dürfen Sie raten, wer das bezahlen wird.

Warum nur lassen Sie und ich uns das bieten? Warum tun wir nichts?

Aber fangen wir mal von vorne an.

3. Jeder Mensch ist einzigartig.

Einzigartig! Unverwechselbar, eine Quelle von unerwarteten Impulsen, Ideen, von Kreativität! Jeder einzelne kann unsere Chance auf eine bessere Zukunft sein. Wenn wir nur nicht dauernd versuchen würden, uns an irgendwelche vermuteten Normalitäten anzupassen!

Alle Religionen, die allerdings im Westen zur Zeit nicht gerade angesagt sind, machen ziemlich klare Aussagen zur Einzigartigkeit von Menschen:

  • „Was Ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt Ihr mir getan.“ (1)
  • „Es gibt auch nicht einen gewöhnlichen Menschen.“ (2)

Die Evolutionsgeschichte der Individualität von Remo Largo fängt mit dem Satz an:

  • „Jeder Mensch ist einzigartig. Seine Individualität zu leben, macht den Sinn des Lebens aus.“ (3)

Was macht einen einzigartigen Menschen aus? Das ist nicht so leicht zu sagen. Aber ohne die Einzigartigkeit der sie hervorbringenden Menschen ist zum Beispiel die Kunst in ihren vielen Facetten, Malerei, Literatur, Musik, gar nicht denkbar, die Wissenschaft auch nicht, all die Entdeckungen, die uns geholfen haben, der Kindersterblichkeit, der Armut und dem Elend zu entrinnen.

Heute ist die Frage unvermeidlich: was ist er wert, so ein einzigartiger Mensch?

Ist der Wert eines Menschen durch seine Zugehörigkeit zu einem Staat, durch seine Herkunft, seine Hautfarbe, seinen Verdienst, seine politische Meinung bestimmt? Oder durch sein Potential, sich zu entwickeln, in sich, uns und anderen Kräfte freizusetzen? Durch unsere Bereitschaft, uns auf ihn einzulassen? Oder tatsächlich nur durch das Geld, das er verdient, oder – das die Wenigen durch ihn verdienen? Nicht zu übersehen ist, dass die Einzigartigkeit des Menschen gegenwärtig nicht gut wahrgenommen wird. Und damit stehen auch menschengemachte Errungenschaften nicht hoch im Kurs, die einzigartige Menschen bei Bedrohung durch Krankheit oder Unfälle retten, in ihrer Integrität erhalten können, – zum Beispiel die Medizin. An Ihrem gegenwärtigen Zustand lässt sich einiges über die Wertschätzung der Einzigartigkeit des Menschen in unserer Gesellschaft lernen.

Hier gelangen Sie zur Übersicht aller bisher veröffentlichten Kapitel.

Quellen:

  1. Das Evangelium nach Matthäus, Kapitel 25, Vers 40
  2. Philip Kapleau, Die drei Pfeiler des ZEN, O.W.Barth, Frankfurt am Main, 1965
  3. Remo H. Largo: Das passende Leben. Was unsere Individualität ausmacht und wie wir sie leben können. S. Fischer, Frankfurt a.M. 2017