Der Reichtum unseres Lebens und die Armut des Geldes

Traditionell hat der Einzelne einen hohen Wert. Als Arzt bin ich dem Wohlergehen des individuellen Patienten verpflichtet, das Bildungssystem hat die Erziehung des Einzelnen zum Ziel, die Wissenschaft beruht auf der Begabung und dem Einsatz einzelner Forscher, der Wohnungsmarkt wendet sich an die Bedürfnisse des Einzelnen und seiner Familie.

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Worum geht es mir?

Unser Wertesystem wird in den letzten Jahren massiv verändert, ohne dass darüber eine transparente Diskussion geführt wird: das Geld wird wichtiger als der Einzelne. Dabei gibt es ein krasses Nord-Südgefälle, aber auch die Menschen im relativ wohlhabenden Norden sind alles andere als sicher.

Der Wert eines Menschen

Foto: Manfred Koschabek

Bei der Rettung aus extremen Notlagen schaut die Solidargemeinschaft nicht aufs Geld, – der Mensch ist mehr wert. Was sind die Hintergründe? Und wird es so bleiben? Im Umfeld der Medizin haben sich so viele fremde, am finanziellen Gewinn orientierte Gedanken breit gemacht, dass es fast schon ein Wunder wäre, wenn diejenigen nicht davon angekränkelt würden, die eigentlich dafür da sind, Menschen ohne Ansehen ihrer Person, ihres Geschlechts oder Alters zu retten.

Einzigartig – mit und ohne Nobelpreis

Zugegeben, – um ein Gespräch über den Wert des Menschen zu beginnen, sind Rettungseinsätze in Höhlen oder auf Intensivstationen vielleicht etwas ungewöhnlich. Gewöhnlich sind auch Nobelpreise allerdings ganz und gar nicht. Und doch sind die einzigartigen Geehrten gleichzeitig ganz gewöhnliche Menschen.

Genetik und Epigenetik

Vielleicht kommt Ihnen die Faszination, welche die Einzigartigkeit menschlicher Individuen auf mich ausübt, etwas abgehoben vor, losgelöst von den alltäglichen Realitäten. Tatsächlich sind wohl eher diese sogenannten Realitäten abgehoben, denn unser aller Einzigartigkeit ist eine sehr solide Tatsache, festgemauert in den Genen.

Zwei Einzigartige – wie geht das?

Dass Menschen einzigartig sind, prädestiniert sie ganz besonders für den Kontakt mit anderen. Man könnte sagen, dass die Stärke von uns Menschen gerade im Zusammentreffen unterschiedlicher Einzigartiger liegt. Dass Menschen miteinander auskommen, ist [allerdings] überhaupt nicht selbstverständlich und nicht einfach! Etwas anderes zu behaupten wäre erstens eine dümmliche Vereinfachung und zweitens entginge Ihnen damit die Chance, die Besonderheit menschlicher Kommunikation wahrzunehmen und zu schätzen. Wenn Sie mit Menschen zurechtkommen wollen, dann müssen Sie die Komplexität auf der Rechnung haben. Sie akzeptieren. Dies ist Ihre Chance.

Wer ist schon durchschnittlich?

Wie geht man sinnvoll mit den vielen Einzigartigen um? Man nimmt ihre Einzigartigkeit ernst. Vielleicht wird auch für Sie deutlich, dass die an sich wertfreie Praxis, Durchschnittsbetrachtungen anzustellen, allenfalls der Statistik, aber nicht dem einzelnen Individuum gerecht wird. Medizinische Praxis, die sich auf den Durchschnitt zurückzieht, anstatt wenigstens den Versuch zu machen, der irritierenden Einzigartigkeit des Individuums gerecht zu werden, bleibt ziemlich weit hinter den Möglichkeiten zurück, die uns die moderne Forschung zur Verfügung stellt!

Gute Medizin – was ist das?

Foto: Manfred Koschabek

Medizin braucht einen Rahmen, besser vielleicht: eine Atmosphäre, in der sie gelingen kann. Und vor allem Anderen braucht sie Zeit! Getreu dem Spruch von Benjamin Franklin, dass Zeit Geld sei, wird die für den Patienten aufgewendete Zeit zum Schlüsselproblem der medizinischen Gegenwart.

Das Märchen vom Personalmangel in der Pflege

Wir stehen am Scheideweg: Entweder besinnen wir uns auf den Wert jeder einzelnen Person, der Pflegenden und der Gepflegten, oder Pflege wird für alle Beteiligten das Grauen schlechthin. Ein Grauen, an dem einige Wenige sehr gut verdienen.

Krankenhausmonopoly

Foto: Manfred Koschabek

Das traurige Geschäft mit unserer Gesundheit: Wie teuer ist Humanität? Das Hauptziel der Medizinwirtschaft ist der Gewinn. Ein grundsätzliches Problem ist dabei die Einstellung vieler Ärzte, Schwestern und Pfleger. Denn die sind anders sozialisiert. Für sie sind die Verantwortung gegenüber den Patienten und die medizinische Exzellenz immer noch wichtigere Inhalte als der schnöde Mammon. Junge Menschen studieren Medizin, um anderen Menschen zu helfen, – dass Krankenhausträger Gewinne machen wollen, haben sie gar nicht im Blick. Es bedarf also erheblicher Anstrengungen, die in der Medizin Tätigen auf den „Kurs zum Schotter“ zu bringen. Das Zauberwort ist „Anreiz“.

Das Elend der Ärzte

Diese gruselige Geschichte von der heutigen Medizin muss sich ändern! Was heute in der Medizin passiert, ist dem, was Medizin sein sollte, was sie sein könnte, völlig entgegengesetzt. Und diese Botschaft kann man gar nicht oft genug in die Welt posaunen.

Die Wurzel allen Übels

Foto: Manfred Koschabek

Armut zuzulassen und nicht aktiv zu bekämpfen, ist […] nicht nur eine Frage von fehlendem Mitgefühl und nicht vorhandener Humanität, sondern wir schaden uns selbst. Denn auch Menschen, die in Armut leben müssen, sind einzigartig und tragen ein hohes Potential an Ressourcen in sich, die unserer Gesellschaft zugutekommen könnten. Wir werden die Folgen zu tragen haben, wenn wir dieses Potential im grauen Schleim der Depression ersticken lassen.

Glück durch Arbeit?

Wenn unser Glück aber vor dem Ruhestand eine Chance auf Realisierung haben soll, muss es auch in unserer Arbeit vorkommen. Die wir – zumindest in den mitteleuropäischen Zivilisationen – selber gestalten können. Könnten!

Geld ist komplex …

Foto: Manfred Koschabek

Mit Geld kann man Menschen beschenken, retten, unheimlich tolle, kreative Sachen machen, aber die gegenwärtige Dominanz der Finanzwirtschaft wird uns alle zugrunde richten, wenn wir uns nicht bald etwas einfallen lassen. Geld lässt Werte verfallen. Besondere Dinge verlieren oft ihren Wert, wenn sie mit Geld in Berührung kommen. Genau genommen verschiebt sich ihr Wert aus dem Bereich der Besonderheit in den der beliebigen Austauschbarkeit. Dann wird das nicht mehr wertgebundene Geld frei, und einige wenige bekommen mehr davon, sehr viel mehr.

Einblicke in die Spielregeln des Kapitalismus

Wenn es ums große Geld geht, gibt es keine Gleichbehandlung. Wer große Schulden hat, dem wird gegeben, wer kleine Schulden hat, der muss sie abzahlen. Unsere Volkswirtschaft muss sich wohl mal darüber klar werden, welchen Stellenwert die „kapitalistischen Strukturen“ im Vergleich zu anderen Werten, – Schulen und Bildung ganz allgemein, Krankenhäuser, Pflegebedürftige und Gesundheit […] für sie haben.

„Paradise Papers“ und Psychopathen

Foto: Manfred Koschabek

Der freie Markt war einmal eine tolle Sache, eine Chance für jeden, durch eigene Tüchtigkeit reich zu werden. Die Chance gibt es heute nicht mehr, weil Geld nicht mehr durch Arbeit, sondern nur noch durch Aktienhandel, Immobilien u. ä. vermehrt werden kann, was bedeutet, dass Sie wenigstens Aktien, Häuser, Land etc. besitzen müssen, um mit dem Reichwerden anzufangen, – Tellerwaschen ist zu wenig.

Das Naturgesetz der Ungleichheit

Stationäre Medizin wird heute in erster Linie nach kapitalistischen Kriterien betrieben und erst in dritter oder vierter Linie nach Regeln der medizinischen Ethik, des Mitgefühls oder schlicht des zwischenmenschlichen Anstandes. […] Sollen Krankenhäuser [deshalb] den privaten Betreibern weggenommen und nur noch vom Staat betrieben werden? Oder gäbe es vielleicht bessere bzw. einfachere Möglichkeiten, diesem Missstand zu begegnen?

Geld und Misshandlung

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Foto: Manfred Koschabek

Es stimmt nicht, dass Geld nicht stinkt, sondern der Gestank hängt sehr davon an, wie wir es verdienen. Und zuzulassen, dass in unserem gar nicht so schlechten Gesundheitssystem Geld, das Menschen für ihre Pflege und Behandlung ein Leben lang eingezahlt haben, dafür verwendet werden kann, dass Krankenhausträger sich bereichern, das ist Beihilfe zur Misshandlung.

Das Schweigen der Ärzte

In der aktuellen Diskussion über Pflege-Notstand, Pflege-Missstand, Pflege-Katastrophe, schweigen die Ärzte. Wäre es nicht an der Zeit für eine Art #MeToo für die Pflegenden?

Christliche und unchristliche Betrachtungen zu Pflege und Medizin

Auch wenn Sie schon längst aus der Kirche ausgetreten sein sollten: das Christliche an dieser Partei ist in diesem Zusammenhang nicht ganz irrelevant, weil Nächstenliebe und die Fürsorge für Arme, Kranke und Schwache nicht etwa dem heute wieder sehr favorisierten neo-liberalen Gedankengut angehören, sondern christliche, quasi ur-christliche Gedanken sind.

Fortsetzung folgt in Kürze!

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